Heute benutzt fast jeder, neben seiner Muttersprache, mehr oder weniger souverän eine oder mehrere Fremdsprachen. Das war nicht immer so. Die Missionare und Entdeckungsreisenden früherer Zeiten, die die Grenzen ihrer vertrauten Zivilisation hinter sich ließen, trafen auf völlig andere Landschafts- und Lebensformen, als sie sie kannten. Damit einher gingen völlig andere Formen der Verständigung. Da für die Reisenden aber theologische und wirtschaftliche Interessen im Vordergrund standen, machte sich niemand die Mühe, die fremden Sprachen zu erforschen. Ganz im Gegenteil. Man suchte sich entweder Menschen, die bereit waren, die Sprache der Eroberer zu lernen und damit zumindest ein Minimum an Verständigung mit den Ureinwohnern zu gewährleisten, oder man brachte die Eingeborenen gleich um. Erst im 19. Jahrhundert entstand die Sprachwissenschaft, wie wir sie kennen, und die Forscher beschäftigten sich ernsthaft mit den Sprachen der Ureinwohner. Egal ob in Australien oder Südamerika, in Afrika oder Asien – die Lebenswirklichkeiten waren völlig verschieden von denen in Europa. So gibt es Sprachen, die ein großes Vokabular haben für Gerüche, für Klimaphänomene; Sprachen, die keine Grammatik haben und keine Schrift; Sprachen, die nicht gesprochen, sondern getrommelt oder gepfiffen werden – je nach geographischen Gegebenheiten. Viele Sprachen sind inzwischen ausgerottet oder ausgestorben, einfach weil es keine Sprecher mehr gibt. Glücklicherweise gibt es aber auch gegenläufige Bewegungen: Man versucht, die alten Sprachen zu reaktivieren.
Rita Mielke hat 50 Sprachen ausgewählt, die als bedroht oder ausgestorben gelten. Herausgekommen ist ein sehr lesenswertes Buch, das uns mitnimmt auf alle Kontinente und durch alle Zeiten. Wir sind bei der Entzifferung der Hieroglyphen dabei. Wir erfahren, wie Cervantes in Algier mit der Lingua franca in Kontakt kommt. Wir lernen, wie die Kinder einer Missionsstation im Bismarck-Archipel „Unserdeutsch“ erfinden. Wir machen einen kurzen Ausflug zu den Ainu, und wir lernen den „echten“ Jim Knopf kennen, der eigentlich ein Yámana-Indianer in Feuerland war. Haben Sie gewusst, dass Pariser Prostituierte im 19. Jahrhundert eine eigene Sprache hatten, das Javanais? Oder dass „El Silbo“ , die Pfeifsprache der Kanarischen Inseln, inzwischen Weltkulturerbe ist?
Wenn Sie mehr über solche Begebenheiten erfahren wollen, lesen Sie dieses Buch. Es bietet
eine Vielzahl von interessanten Einblicken in verschiedene Kulturen.
Rita Mielke, Atlas der verlorenen Sprachen, Berlin: Duden, 70984-7
Ulrike
Ketel
今日では、ほとんどの人がそれなりに自信を持って、母国語以外に一つの、あるいは複数の外国語を話すことができます。かつては必ずしもそうではありませんでした。昔の宣教師や探検家たちは、住み慣れた文明世界の境界を後にし、自分たちが知っていたものとは全く異なる風景や生活様式に出会いました。それには全く異なる形のコミュニケーションが伴っていました。当時の旅行者にとって神学的および経済的な成果が最も重要であったため、外国語の研究に労をとる者は誰もいませんでした。それどころか全く逆でした。征服者は、自分たちの言語を学ぶのをいとわない人々を探し出し、それによって原住民と少なくとも最小限のコミュニケーションを確保するか、あるいは原住民をすぐに虐殺してしまいました。19世紀になってはじめて、私たちが知っているような言語学が登場し、研究者たちは先住民族の言語に真剣に取り組みました。オーストラリアでも南米でも、アフリカでもアジアでも、生活の実態はヨーロッパのそれと全く異なっていました。ですから地理的条件に応じて、様々な言語が存在するわけです。匂いや気候現象を表す語彙が非常に豊かな言語や、文法や文字がない言語、また言葉を話すかわりにたたくような音を発したり、口笛を吹いたりするような言語などです。今では多くの言語が、話者がいなくなるという理由だけで、消滅または衰退の危機に瀕しています。幸いなことに、それに歯止めをかける動きもあります:古い言語を復活させようとする試みが行われているのです。
リタ・ミエルケは、消滅の脅威にさらされている、あるいは消滅したと考えられている50の言語を選び出しました。そうして出版されたのが、このぜひお勧めしたい1冊の本で、縦横無尽に時代を超え、あらゆる大陸へと私たちを導いてくれます。私たち読者は象形文字の解読に立ち会います。そして、アルジェのセルバンテスがどのようにしてリンガ・フランカ(訳注:フランク語)と関わることになったかを知るようになります。また、ビスマルク諸島では宣教団の逗留拠点で子供たちがどのように「ウンザードイチュ」(訳注:私たちのドイツ語の意。パプアニューギニアで生まれた、ドイツ語を基層言語とするクレオール語)を創り出したのかがわかります。私たちは日本のアイヌのもとへ小旅行をしたり、ティアラ・デル・フエゴ(訳注:スペイン語で「火の地」の意で、ドイツ語ではFeuerland))では、実はヤマナ族の先住民だった「本物の」ジム・ボタン(訳注:ミヒャエル・エンデの児童文学の主人公)に出会ったりします。19世紀のパリの娼婦たちがジャヴァネという独自の言語を持っていたこと、あるいはカナリア諸島の口笛言語「エル・シルボ」が今や世界文化遺産になっていることをご存じでしたか?
このようなエピソードをもっとお知りになりたい方は、ぜひこの本を読んでみてください。様々な文化に対する、興味深い洞察を数多く紹介しています。
リタ・ミエルケ, 失われた言語のアトラス, ベルリン: Duden, 2020, ISBN
978-3-411-70984-7
ウルリケ・ケーテル
訳:バチェフスキ朱実